Blasenkrebs – was nun?Therapie des nicht invasiven Blasenkrebses

 

Therapie des nicht invasiven (oberflächlichen) Blasenkrebses

 

Die vollständige Entfernung des Tumors aus der Blase durch die Ausschälung (Resektion) wird als erste therapeutische Maßnahme vorgenommen. Leider ist der Erfolg nicht immer von Dauer, denn der Blasenkrebs gehört zu den Krebsarten, die häufig wieder auftreten (Rezidive bilden).

 

Die folgende Aufstellung kann nur der groben Orientierung dienen. Generell richtet sich die zu wählende Therapie nach dem Risikostatus des Tumors, wie im vorigen Abschnitt gesagt. Der Arzt wird aber auch Ihre individuelle Situation bei seinem Therapievorschlag berücksichtigen, wie z. B. Ihre Vorerkrankungen, Allergien, die allgemeine körperliche Verfassung usw. Fragen Sie durchaus auch nach alternativen Möglichkeiten und informieren Sie sich auch über ergänzende (komplementäre) Therapien, die zwar den Krebs nicht heilen, aber Ihren Organismus bei seiner Bekämpfung unterstützen können.

 

Und überlegen Sie bitte auch, ob und was Sie selbst zu Ihrem Heilungsprozess beitragen können, indem Sie Ihre bisherigen Lebensgewohnheiten überprüfen. Wenn das Rauchen mit dazu gehört und Sie den Absprung nicht allein schaffen, lassen Sie sich helfen. Ihre Krankenkasse, die Raucher-Hotline für Krebs-Patienten (siehe Anhang) und viele andere Stellen bieten Unterstützung an.

 

Sie wissen ja: Rauchen ist der Hauptrisikofaktor für Blasenkrebs.

 

Risikostufen beim nicht invasiven Blasenkrebs

 

1. niedriges Risiko liegt vor bei einzelnem Tumor mit Ta G1 – G2, das Rezidivrisiko und das Progressionsrisiko sind niedrig.
Therapie: TUR
Nachsorge Kontrollspiegelung nach 3 Monaten. Wenn unauffällig, dann Wiederholung nach 3 bis 9 Monaten, wenn unauffällig, Wiederholung jährlich und Ende der Nachsorge nach 5 Jahren ohne Befund. Der Anteil dieser Niedrigrisiko-Patienten liegt bei 50 Prozent.
2. mittleres Risiko liegt vor bei mehreren oder mehr als 3 cm großen Tumoren: TaG2, T1G1, solitäre (einzelne) Tumoren T1G2. Das Rezidivrisiko und das Progressionsrisiko sind mittelgroß.
Therapie: TUR, gefolgt von einer Frühinstillation mit Mitomycin C, die das Einnisten von frei schwimmenden Tumorzellen verhindern soll, (siehe Instillationstherapie nächster Abschnitt). Es folgt eine Nachresektion nach 2 bis 6 Wochen. Werden in den Gewebeproben keine Krebszellen mehr gefunden, folgt die
Nachsorge: Blasenspiegelung nach 3 Monaten. Wenn unauffällig, folgt eine Wiederholung in regelmäßigen Abständen nach individueller Situation des Patienten (Schema zwischen niedrigem und hohem Risiko). Dauer der Nachsorge: mindestens 10 Jahre. Der Anteil dieser Mittelrisiko-Patienten liegt bei 35 Prozent.
Wird bei der Kontrollspiegelung wieder ein Tumor festgestellt (Rezidiv), ist nach der erneuten TUR eine vorbeugende (prophylaktische) Instillationstherapie angesagt, die das erneute Auftreten des Tumors verhindern soll.
3. hohes Risiko, Multiple (mehrfache) Tumoren T1G2 und (noch) nicht invasive Tumoren TaG3, T1G3 und Tis haben ein hohes Rezidiv- und Progressionsrisiko.
Therapie: TUR mit Frühinstillation (siehe unten). Rezidiv- und Progressionsprophylaxe mit Mitomycin C oder BCG, Nachresektion mit Beurteilung durch den Pathologen nach 6 Wochen. Wenn alles unauffällig ist, folgt die
Nachsorge: Zystoskopie nach 3 Monaten, wenn unauffällig, Wiederholung alle 3 Monate im ersten und zweiten Jahr. Alle 4 Monate im dritten und alle 6 Monate im vierten bis fünften Jahr. Danach einmal jährlich lebenslang. Der Anteil dieser Hochrisiko-Patienten liegt bei 15 Prozent.

 

Bei erneutem Auftreten des Tumors – Therapieversagen – gibt es mehrere Optionen, die individuell diskutiert und bewertet werden müssen, ehe eine Entscheidung zum weiteren Vorgehen getroffen werden kann: Operative Entfernung der Blase (radikale Zystektomie) einerseits – oder alternativ der Versuch, die eigene Blase trotz kritischer Diagnose zu erhalten durch die Anwendung einer kombinierten Radio- und Chemotherapie oder der Hyperthermie-Chemotherapie, siehe unten.

 

Instillationstherapie bei nicht invasiven Tumoren

 

Es handelt sich um eine vorbeugende Therapie, die nach einer TUR ein Rezidiv des Tumors verhindern soll. Das Mittel der Wahl (Mitomycin C oder BCG) wird über einen Katheter in die Blase eingespült (instilliert) und verbleibt darin für etwa 2 Stunden. Dieser Vorgang heißt auch intravesikale Instillation (Einspülung in die Blase).

 

Intravesikale Chemotherapie

Mitomycin C ist ein Chemotherapeutikum (Zytostatikum), das hauptsächlich Zellen angreift, die sich gerade teilen. Es wirkt bevorzugt auf Krebszellen, weil diese sich häufiger als normale Zellen teilen.
Anwendung: a) zur Frühinstillation, d.h. das Medikament wird sofort bzw. innerhalb einiger Stunden nach der TUR in die Blase eingebracht, um nicht erfasste Tumorzellen abzutöten.
b) zur Ersttherapie (Induktionstherapie): Ca. 2 Wochen nach der letzten TUR wird sechs- bis achtmal eine wöchentliche Instillation als sogenannter Induktionszyklus durchgeführt.c) in der Erhaltungstherapie monatlich über 6 bis 12 Monate als Erhaltungszyklus, besonders bei multifokal (an mehreren Stellen in der Blase), schnell Rezidive bildenden Tumoren.
Nebenwirkungen: Folgende Nebenwirkungen können – müssen aber nicht – bei der intravesikalen Chemotherapie mit Mitomycin C auftreten: Chemische Zystitis (Blasenentzündung) mit Dysurie (schmerzhafter Harndrang mit Erschwernis des Wasserlassens), Pollakisurie (Drang zum häufigen Wasserlassen) sowie krampfartige Schmerzen im Unterbauch. Diese Beschwerden sind vorübergehend und können durch krampflösende und entzündungshemmende Mittel (Spasmolytika und Antiphlogistika) gemildert werden. Weiter kann es bei entsprechender Sensibilität zu ekzemartigen Hautveränderungen an Hand und Fuß (Hand-Fußsyndrom), Perineum (Damm), Brust und Gesicht kommen.
Bei direktem Kontakt mit Mitomycin C ist sofortiges Waschen erforderlich, da sonst starke Hautreaktionen auftreten können.

 

Intravesikale Immuntherapie

 

BCG (Bacillus Calmette-Guérin) ist ein Immunmodulator mit abgeschwächten Tuberkulose-Bakterien, die nach Instillation in die Blase eine örtliche Immunreaktion hervorrufen und dadurch die weitere Entwicklung von Krebszellen verhindern sollen.
Anwendung: a) als Alternative zu Mitomycin C in der Induktionsphase, auf keinen Fall jedoch zur Frühinstillation, denn das könnte zu schweren Nebenwirkungen führen (z.B. Tuberkulose der Bauchorgane). Die Wundflächen in der Harnblase müssen abgeheilt sein, damit das Medikament nicht in den Blutkreislauf gelangen kann.
b) als Ersttherapie insbesondere bei T1G3- und Tis-Tumoren. Bei diesen Hochrisikogruppen wird die BCG-lnstillation einige Wochen nach vollständiger TUR als Standardtherapie zur Verhinderung von Rezidiven empfohlen. Gerade bei Tis-Tumoren ist das Rezidiv-und Progressionsrisiko sehr hoch. In der Ersttherapie wird BCG ebenfalls sechs- bis achtmal wöchentlich direkt in die Blase eingespült und verbleibt dort möglichst für etwa 2 Stunden. Ist der Befund der Kontrollspiegelung der Blase zufriedenstellend, schließt die Erhaltungstherapie an: Nach drei und sechs Monaten wird einmal pro Woche für jeweils drei Wochen BCG instilliert, danach im Abstand von sechs Monaten bis zum Ablauf von drei Jahren.
Kontraindikation und Nebenwirkungen: BCG darf nicht angewendet werden bei aktiver Tuberkulose, bei Harnwegsentzündungen, bei Makrohämaturie, bei Patienten mit Schwächung des Immunsystems. Als Nebenwirkungen können starke Reizungen der Blase bis zu lokalen Blasenentzündungen (Zystitis) auftreten, häufig mit erhöhter Temperatur über 39°C innerhalb der ersten 4 Stunden nach Behandlungsbeginn. Die Beschwerden können 1 bis 2 Tage anhalten und lassen sich in der Regel mit Medikamenten beherrschen.
Sollte es zu unerträglichen Beschwerden ab dem 3. bis 5. Tag nach Behandlungsbeginn kommen, ist der Therapieabbruch notwendig mit zusätzlicher prophylaktischer Behandlung mit Tuberkulosemedikamenten. Selten kommt es zu schwerer allgemeiner Entzündung, sogenannter BCG-itis mit Befall mehrerer Organe wie Lunge und Leber im Sinne von Sepsis (Blutvergiftung). Hier ist eine stationäre Behandlung angezeigt mit einer entsprechenden Tuberkulose-Behandlung.

 

Bei Versagen dieser Therapie steht die radikale Zystektomie, d.h. die vollständige Entfernung der Harnblase als Maßnahme zur Beseitigung des Krebsherdes zur Diskussion.
Als eine Alternative zur Blasenentfernung kommt die Strahlentherapie in Betracht, häufig kombiniert mit einer Chemotherapie, der so genannten Radio-Chemotherapie, siehe unten.
Eine weitere Alternative, die sich in Deutschland allerdings noch im Stadium der Studienanwendung befindet, ist die Hyperthermie-Chemotherapie, siehe unten.

 

Radio-Chemotherapie

 

Energiereiche Strahlung (z.B. Gammastrahlung) kann Krebszellen abtöten. Da die Zellen des Blasenkarzinoms strahlenempfindlich sind, kann die Radiotherapie (Strahlentherapie) unter bestimmten Voraussetzungen als Alternative zur radikalen Blasenentfernung eingesetzt werden. In vielen Fällen gelingt es mit dieser Methode, die eigene Blase zu erhalten und die „große Operation“ zu vermeiden. Ob die Voraussetzungen bei Ihnen zutreffen, muss in Gesprächen mit den Fachleuten geklärt werden. Lassen Sie sich nicht zu schnell entmutigen.
Die Bestrahlung wird sorgfältig geplant und kann mit den heute zur Verfügung stehenden Steuerungsmöglichkeiten so durchgeführt werden, dass das gesunde Gewebe möglichst wenig belastet wird. Außerdem können sich gesunde Zellen besser regenerieren als Krebszellen. Vor der Strahlenbehandlung werden die erkannten Karzinome, soweit es geht, vollständig ausgeschält. Um die Wirksamkeit zu erhöhen, wird die Bestrahlung häufig mit einer Chemotherapie zusammen als Radio-Chemotherapie durchgeführt. Details der Therapie planen der Urologe und der Strahlentherapeut gemeinsam mit Ihnen.
Nebenwirkungen: Die Bestrahlung selbst erzeugt unmittelbar keine Schmerzen. Aber es kann – ähnlich wie bei der Instillationstherapie – zu Beschwerden beim Wasserlassen und auch zu krampfartigen Beschwerden oder Entzündungen im Enddarmbereich kommen. In seltenen Fällen kann sich auch eine Schrumpfblase entwickeln. Ebenso kann eine dauerhafte Schädigung der Blasenschleimhaut (Radiozystitis) auftreten. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über Ihre Beschwerden, damit er Sie unterstützen kann.
Nachsorge: Einige Wochen nach Ende der Behandlung wird eine Kontroll-TUR durchgeführt. Die Untersuchung der Gewebeproben durch den Pathologen zeigt, ob die Therapie erfolgreich war. Wenn unkritisch, folgen wie auch bei anderen Therapien regelmäßige Kontrollen durch den Urologen. Außerdem wird mindestens eine jährliche Kontrolluntersuchung durch einen Strahlentherapeuten empfohlen.

 

Hyperthermie-Chemotherapie

 

Ebenfalls als Alternative zur sofortigen radikalen Blasenentfernung bei nicht invasiven Tumoren der Hochrisiko-Gruppe pT1G3 und pTisG3 sowie nach Versagen der Therapie mit BCG kann eine kombinierte Therapie aus innerer Erwärmung der Blase und gleichzeitiger Einspülung (Instillation) des Zytostatikums Mitomycin C in Betracht kommen. Es ist seit längerem bekannt, dass Krebszellen empfindlicher als normale Zellen auf „Überwärmung“ reagieren, d.h. auf Erhöhung der Körper- bzw. Organtemperatur über das normale Niveau hinaus. Ebenso ist bekannt, dass durch Temperaturerhöhung auch die abtötende Wirkung der Zellgifte (Zytostatika) auf die Krebszellen verstärkt wird. Im Synergo® -Verfahren werden beide Effekte genutzt. Die Erwärmung erfolgt durch eine kontrollierte Energiezufuhr über einen kleinen Mikrowellensender im speziellen Spülkatheter der Blase, durch den auch das Medikament im Kreislauf in die Blase und zurück in die Steuerungsapparatur transportiert wird. Dieses Gerät steuert und überwacht auch die Temperatur in der Blase. Details siehe Link. 

Die Therapie wird als „ablativ“ (befreiend, lat.) bezeichnet, weil sie zum Ziel hat, noch verbliebene Tumorzellen abzutöten. Voraussetzung für den Beginn der Therapie ist eine komplette Resektion aller Tumorstellen unter Blaulicht, um auch die sonst schwer erkennbaren Tis-Tumoren möglichst vollständig zu entfernen, gefolgt von einer Kontroll-TUR nach sechs Wochen. Wird dabei kein aktives Tumorgewebe gefunden, kann die Therapie beginnen. Sie besteht aus 8 wöchentlichen Anwendungen. Dabei werden zweimal 40 mg MMC über jeweils dreißig Minuten gegeben. Drei Wochen nach dieser intensiven Phase wird erneut eine TUR durchgeführt, um die Wirksamkeit der Behandlung zu überprüfen. Sind die endoskopische Kontrolle und die feingewebliche Untersuchung des Pathologen ohne Tumorbefund, kann die Erhaltungstherapie beginnen.

 

Die dokumentierte Effektivität für Patienten nach BCG-Versagen beträgt etwa 60% Organerhaltung nach zwei Jahren Verlaufskontrolle. Allerdings gibt es in Deutschland bisher nur wenige urologische Kliniken, in denen diese Therapie durchgeführt wird, siehe Link.

 

Diese Therapie wird auch in einer schwächeren Form bei Tumoren mit niedrigem Risiko zur Rezidivprophylaxe (Vorbeugung gegen das Wiederauftreten) eingesetzt. Die Effektivität dieser „adjuvanten“ (unterstützenden) Therapie ist mit 83% der Fälle ohne Rezidiv nach zwei Jahren Verlaufskontrolle deutlich höher als bei der üblichen „kalten“ Mitomycin-lnstillation.

Nebenwirkungen: Die Behandlung erfolgt in der Regel im wachen Zustand unter Zugabe eines Schmerzmittels und eines die Blasenmuskulatur lähmenden Medikamentes. Die Wirkung ist nach wenigen Stunden abgeklungen. Geringe Schmerzen und Missempfindung in der Harnröhre, häufiger Harndrang mit krampfartigen Reaktionen der Blase sowie leicht blutiger Urin können auftreten. Sie klingen in der Regel innerhalb zwei bis drei Tagen wieder ab.

 

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